Der Lehmstein

…und sein stiller Siegeszug

Er versteckt sich in den Wänden hinter Putz und Verkleidungen, hat wenig Kontakt zur Außenwelt und ist doch eine so entscheidende Waffe im Lehmbau – der Lehmstein.

Durch die vielen Möglichkeiten einen Lehmstein einzusetzen, etwa als Ausfachung im Holzständerwerk, als gemauerte raumbegrenzende Wand, als Vorsatzschale oder auch als Deckenfüllung, bringt er Masse ins Gebäude. Diese Masse wollen und brauchen wir oft in Bezug auf Schalldämmung im Leichtbau, oder als Feuchtepuffer und Wärmespeicherung für ein wohliges und gesundes Raumklima.

Doch seinen entscheidenden Vorteil spielt er hier noch gar nicht aus…

Don’t call it “Ziegel”

Es ist ein Lehmstein und nicht ein Lehmziegel! Was übergenau und pingelig erscheinen mag ist unterm Strich ein ziemlich entscheidender Unterschied. Denn Ziegel sind unter hohem Energieeinsatz gebrannte Baustoffe, die durch den Brennprozess witterungsbeständig gemacht werden.

Bei der Herstellung von Lehmsteinen hingegen entfällt der Brennprozess komplett, sie trocknen einfach an der Luft aus. Je nach Hersteller wird auch eine maschinelle Trocknung eingesetzt, um den Prozess zu beschleunigen. Der Energieeinsatz kann, verglichen zum Brennofen, um ein vielfaches geringer sein. Außerdem kann er durch den Einsatz erneuerbarer Energien auch noch viel nachhaltiger sein.

Für die Ökobilanzierung kann ein Lehmstein also rundum punkten. Dennoch sollte man wissen ihn zu handeln, denn wie jeder Lehmbaustoff muss er unbedingt vor Wasser geschützt werden. Hier mal die wichtigsten Facts rund um den Lehmstein:

Bezeichnung

Ein Lehmstein ist gemäß DIN 18945 definiert. Jeder Hersteller, der sich mit seinem Produkt auf die DIN bezieht ist verpflichtet eine vollständige Deklaration anzugeben. Diese könnte beispielhaft so aussehen:

Lehmstein - nicht tragend - DIN 18945 - LS f - Ia - 1,2 - S

Übersetzt bedeutet das:
Lehmstein, nicht tragend, nach DIN 18945
LS f = Lehmstein faserarmiert
Ia = Anwendungsklasse Ia
1,2 = Rohdichteklasse 1,2
S = Sonderformat

Einige dieser Bezeichnungen sind dir vielleicht glasklar, andere dafür gar nicht bekannt. Deshalb kommt jetzt ein deep dive:

Rohdichte

Wir unterscheiden generell in:

  • schwere Lehmsteine
    Dazu gehören alle Lehmsteine, welche eine Rohdichte von 1300 kg/m³ und darüber haben. Diese verwendet man häufig dann, wenn viel Masse in ein Gebäude eingebracht, oder wenn eine Wand lasttragend ausgeführt werden soll.
  • und Leichtlehmsteine
    Hierzu gehören alle Lehmsteine mit einer Rohdichte von 1200 kg/m³ und darunter. Sie sind meist mit organischen oder mineralischen Zuschlagsstoffen versehen und bringen dadurch eine Dämmwirkung mit sich. Diese Dämmeigenschaften helfen in der U-Wert-Berechnung des Wandaufbaus, bringen aber lange nicht die notwendige Dämmung nach GEG oder gar besser. Sie werden gerne in der Sanierung alter Fachwerke eingesetzt, oder als Vorsatzschalen in Innenräumen.
Leichtlehmstein mit Zuschlagstoffen (faserarmiert)
Rohdichte 1200 kg/m³

Die Rohdichte wird in kg/m³ bemessen. Um es in der Bezeichnung etwas zu erleichtern kann man auch die Rohdichteklasse angeben. Hier verschiebt sich einfach die Kommastelle, damit hat es sich dann auch schon. Ein Stein mit einer Rohdichte von 1200 kg/m³ wird also der Rohdichteklasse 1,2 zugeordnet.

Anwendungsklasse

Um festlegen zu können, dass ein Stein den Anforderungen am Bauteil auch wirklich gerecht wird, kann und sollte man bei der Planung eine Anwendungsklasse definieren. Diese Anwendungsklassen sind festgelegt und definieren die Beständigkeit des Steines. Weniger beständige Lehmsteine dürfen beispielsweise nie in Außenwänden eingesetzt werden, da sie den Anwendungsklassen II und III zugeordnet sind. Diese Steine sind etwas günstiger und beispielsweise ganz hervorragend für den Einsatz als Masseeintrag in Einschubdecken geeignet.

Neben der Planung und Ausschreibung ist dies natürlich auch für Hand- und Heimwerker während der Umsetzung unbedingt zu beachten!

Wir unterscheiden hierbei in 4 verschiedene Anwendungsklassen für Lehmsteine:

  • Anwendungsklasse Ia
  • Anwendungsklasse Ib
  • Anwendungsklasse II
  • Anwendungsklasse III

Format

Einen Lehmstein bekommt man in den gängigen Mauerwerksformaten. Von NF, DF, 2DF, 3DF, bis hin zu Sonderformaten wird Verschiedenes angeboten.

Selbstverständlich gilt bei Lehmsteinen auch, wie bei fast allen anderen Produkten aus Lehm, dass man sie selbst herstellen kann. Wer eine Lehmsteinpresse hat, oder sie in eine Form schlagen möchte, kann dies natürlich auch tun. Dafür ist allerdings Baustoffwissen und bestenfalls auch etwas Erfahrung gefragt.

SIDEFACT:

Durch die geringere Eigenfeuchte des Lehms sorgt dieser in direktem Kontakt mit Holz für eine feuchteausgleichende und somit trockenhaltende Wirkung. 

Darum ist es wichtig beim Vermauern mit einem Lehmmauermörtel zu arbeiten.

Der Lehm "entzieht" dem Holz überschüssiges Wasser und gibt es langsam an die Raumluft ab. 

Ein überaus dankenswerter Effekt, denn so übernimmt der Lehm ganz natürlich einen konstruktiven Holzschutz.  
Ausmauern eines Gefaches während
des FKL-Kurses in Glücksburg

Mörtel

Zum Vermauern eines Lehmsteines eignet sich am besten ein Lehmmauermörtel, der in der Rohdichte in etwa gleich, aber nie höher ist, als der des Steines selbst!

Leichtlehmstein in eingebautem Zustand

➪ Die DIN-Norm zum lasttragenden Bauen mit Lehmsteinen ist bald da!

Wusstest du schon, dass die neue Anwendungsnorm DIN 18940 für lasttragendes Lehmsteinmauerwerk bereits als Entwurf veröffentlicht ist? Vielleicht schon im nächsten Frühjahr also werden wir ohne Umwege lasttragende Lehmwände aus Lehmsteinen realisieren können.

Adé, Zulassungen im Einzelfall. Die nachhaltige Bauwende kann kommen!

Bitte beachte…

Ich konnte in diesem Beitrag nur einige Beispiele zeigen und nicht auf alle Möglichkeiten im Lehmsteinbau eingehen. Natürlich gibt es noch viel mehr Varianten Lehmsteine einzusetzen und noch viel mehr Dinge dabei zu beachten. Wenn du dich für ein Gebäude aus Lehmsteinen entscheidest, dann lasse dich unbedingt vorab von einer Fachperson dazu beraten!

Herzlichst, Sandra

#bautkeinenscheiss

Der beste Hashtag seit Langem! 😎 Viel mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen… 

…denn Scheiss bauen können wir, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes! Definierte Standards, Lehrpläne, Normen, Gesetze und nicht zuletzt der Begriff des “konventionellen Bauens” machen es schwer auch mal über den Tellerrand zu schauen. Dabei verpassen wir Chancen und Innovationen, die wir dringend brauchen! Es liegt vor uns, wir müssen es nur tun.

Also Leute: Baut keinen Scheiss! 😉

Danke an architects4future für diesen treffenden Begriff, passend zur Bauwende. 

Herzlichst, Sandra

Zu heiss? Dann bau’ doch mit Lehm…!

Schwitzen, schwitzen, schwitzen heißt es in den letzten Tagen. Teilweise ist es fast unmöglich nach der Mittagspause noch konzentriert zu bleiben. Geht es dir auch so? Ich würde da am liebsten nur ins nächste kühle Nass springen!

Ich stelle es mir in solchen Hitzephasen immer furchtbar vor, wenn ich höre, wie Menschen von ihren Dachwohnungen berichten. Dort wo die Sonne den ganzen Tag lang das schlecht gedämmmte Dach zum Glühen bringt und den Innenraum in eine Art Backofen verwandelt.

Wer will das schon? Wer will nachts nicht schlafen können, weil der Körper sich einfach nicht erholen kann, da er ständig damit beschäftigt ist sich runter zu kühlen?

Überhitzung ist eine wirklich schlechte Voraussetzung, um gut und gesund durch den Sommer zu kommen. Und gleichzeitig ein Zeugnis dafür, dass Großteile unseres Gebäudebestandes nicht für solch hohe Temperaturen ausgelegt ist…

Kurz zur Info: Schlecht gedämmten Dächern und Wänden fehlt der sogenannte “sommerliche Wärmeschutz”. Dieser ist entweder gar nicht oder in viel zu geringem Ausmaß vorhanden, um den nötigen Hitzeschutzeeffekt zu gewährleisten – vor allem in Altbauten. Und ja, damit meine ich nicht nur die wirklich alten Fachwerkbauten und Stadtvillen aus der Zeit um die Jahrhundertwende, die meist sämtliche Vorkehrungen in Bezug auf Dämmmaßnahmen vermissen lassen. Das Problem zieht sich teilweise bis in die jüngsten Gebäudebestände. Dazu habe ich zwar keine eindeutigen statistischen Zahlen, aber höre zu, wenn Menschen von ihren Wohnbedingungen berichten. Nicht nur hier in Deutschland, auch anderswo auf der Welt.

Es ist ganz klar: wir müssen künftig eine Umgebung schaffen, die es uns möglich macht diese krassen Temperaturspitzen zu überbrücken, ohne dafür Rohstoffe und Energie zu verschwenden. Also ideale Wohlfühlbedingungen schaffen, ohne Klimaanlagen und Ventilatoren!

Heutzutage wissen wir Planer:innen das besser und können mit dem richtigen Wandaufbau und entsprechenden Dämmungen gegen Überhitzung bis zu einem gewissen Grad vorbeugen.

Aber dämmen ist nicht alles. Auch die Masse macht’s!

Wer schon mal in einer marokkanischen Kasbah war, weiß worüber ich schreibe. Trotz sengender Hitze draußen ist es innerhalb dieser traditionellen Behausungen angenehm kühl und überaus gut auszuhalten. Es muss auch nicht gleich eine Kasbah sein – schon eine Lehmhütte in der kenianischen Savanne, wo es auch wirklich heiß werden kann, macht den Unterschied zu einem Beton- oder Ziegelbau sehr deutlich.

Die Kasbahs sind in der Regel Teil einer ganzen Siedlung aus Lehmbauten, hier Ouarzazate, Marokko. Foto von Moussa Idrissi
Ich wäre bei den Temperaturen viel lieber in der Hütte als im Steinhaus, und du?

Der hier zugrunde liegende bauphysikalische Effekt ist natürlich auch in unseren Breitengraden derselbe: Sehr vereinfacht gesagt speichert der Lehm die Hitze, welche durch die Sonne abgegeben wird, in der Wand. Durch die träge Weiterleitung von Wärme im Lehm (Phasenverschiebung) bleibt der größte Anteil der Hitze an der Außenseite der Wanddicke und wird nachts bei den kühlen Temperaturen wieder an die Außenluft abgegeben, bevor sie nach innen dringen kann. Und der Innenraum bleibt so angenehm kühl, ganz ohne Ventilatoren oder Klimaanlagen.

Stell dir das einmal vor – für dein Zuhause, oder im Büro…

Im Winter lässt sich dieser Effekt natürlich umkehren. Wenn wir innen heizen lädt die Lehmwand sich mit der Wärme auf und gibt sie nach und nach an den Innenraum wieder ab. Denselben Effekt kennen wir vom Lehmofen. So wird in einem Haus mit entsprechend viel Lehm in der Wandkonstruktion viel der Heizenergie eingespart, die in Häusern mit schlecht konstruierten Außenwänden einfach durch das Bauteil verloren geht. 

Natürlich ist auch eine massive Lehmwand in unseren Breitengraden nicht ganz ohne Dämmung umsetzbar, dafür sind die Temperaturschwankungen zu stark. Oder die Lehmwand müsste entsprechend dick gebaut werden, was aus wirtschaftlichen Gründen oft nicht umsetzbar ist. Mit einer Kern- oder Aussendämmung kann man massive Lehmwände aber problemlos realisieren, ob aus Stampflehm oder aus Lehmsteinen.

„Lehmwand“ bedeutet im übrigen nicht, dass es eine massive Konstruktion sein muss. Es kann auch eine hybride Konstruktion aus Lehm, Holz und einer geeigneten Dämmung aus Pflanzenfasern sein. Dazu aber mehr in einer Winterausgabe. Jetzt erstmal ein Eis holen und den Sommer genießen! ☀️

Hast du dich schon einmal in einem Lehmbau abgekühlt? Schreib es gerne in die Kommentare!

Psst, übrigens... umso mehr Lehm wir in unseren Häusern verwenden, desto weniger CO2-Emissionen stoßen wir aus. Stichwort: Bauwende. Stichwort: Klimaschutz. 

Also doppelt gewonnen, gesund und auch noch umweltfreundlich gebaut

Herzlichst, Sandra

7 gute Gründe, mit Lehm zu bauen

Themen wie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Achtsamkeit sind in aller Munde und aktuell Auslöser für eine Trendwende. Im Bausektor kommen diese Werte gerade erst an und sorgen derzeit für einen Umbruch. Wie bauen wir in Zukunft? Lehm als alt bekannter Baustoff bietet eine Menge an Möglichkeiten.

Mit Lehm bauen.
Aber warum?

Hier findest du 7 Gründe, warum es absolut Sinn macht, ein Gebäude mit Lehm zu bauen:

1. Lehm ist gesund

Du bist Allergiker oder Asthmatiker oder reagierst sensibel auf Strahlung? Lehmputz hat die positive Eigenschaft, Schadstoffe aus der Luft zu filtern. Er absorbiert Strahlung und reduziert so die Belastung auf den menschlichen Körper. Außerdem sorgt er für eine konstante relative Luftfeuchtigkeit und damit für ein gesundes Raumklima.

2. Lehm ist ökologisch und nachhaltig

Lehm kann direkt aus deiner eigenen Baugrube verwendet werden. Er funktioniert als Baustoff ganz ohne chemische Zuschlagsstoffe und ist ohne Qualitätsverlust wiederverwendbar. Die Herstellungsenergie von Lehm ist sehr gering. Ebenso ist die Bilanz der Betriebsenergie sehenswert, wenn ein entsprechender Anteil an Lehmbaustoffen im Haus verbaut ist. Denn er speichert Wärme und gibt sie im “richtigen” Zyklus wieder ab und reduziert so Heizkosten und Stromverbrauch.

3. Lehm ist leicht zu verbauen

Ein Lehmhaus kann eigentlich jeder selbst bauen. Den Umgang mit Lehm kann man schnell und unkompliziert erlernen. Durch seine natürliche Haptik lassen sich viele Menschen meist davon begeistern selbst Hand anzulegen. So können schnell partizipative Projekte entstehen. Eine Anleitung von einem Fachmann oder einer Fachfrau ist dennoch, auch bei Eigenbauprojekten, empfehlenswert.

4. Lehm ist ein alt bekannter Baustoff

Lehm hat ein Vorkommen in der ganzen Welt. In Deutschland ist er eher aus dem Fachwerkbau bekannt. Heute leben etwa noch 30% der Weltbevölkerung in Lehmbauten. Durch diese weite Verbreitung gibt es ein sehr altes Wissen, auf das wir nur zurückgreifen brauchen. 

5. Lehm ist erschwinglich

Entgegen vieler Behauptungen ist ein Haus aus Lehm durchaus bezahlbar. Im Vergleich zu vielen Baustoffen, die aufgrund von Ressourcenknappheit und Lieferengpässen ihre Preise regelmäßig anheben müssen, bleibt der Baustoff Lehm stabil.

6. Lehm ist flexibel einsetzbar und sicher

Lehmbaustoffe ergänzen sich sehr gut mit Stroh und Holz und vielen weiteren organischen und mineralischen Materialien. Es gibt viele Möglichkeiten Lehm mit anderen natürlichen Baustoffen zu kombinieren. Diese Symbiosen werden auch schon seit vielen Jahrhunderten erfolgreich bei Fachwerkhäusern angewandt. Wegen seiner hohen Dichte bietet Lehm außerdem einen hervorragenden Brand- und Schallschutz. 

7. Lehm ist sehenswert

Unter Lehmbau verstehen viele Menschen zuerst einmal runde bis unförmige Bauten, in die jemand eine Höhle reingeschält hat. Lehmbau kann aber auch zeitgemäss gestaltete Kunst und überaus moderne Architektur sein.

Vorarlberg Museum Bregenz

Habe ich etwa einen wichtigen Punkt vergessen?

Herzlichst, Sandra

Fakt oder Fiktion? Feuchteregulierung

Die 7 wichtigsten Fakten zur Feuchteregulierung mit Lehmputz

  1. Je sauberer und feuchteregulierter die Luft, desto wohler fühlen wir Menschen uns. Es gibt für Schimmelpilze keinen Nährboden, um sich bilden zu können. Ein Vorteil für Allergiker und Asthmatiker.
  2. 5 mm Lehmputz reichen aus, um einen Effekt zu erzielen. Für eine Langzeitwirkung, auch über die Jahreszeiten hinweg, empfiehlt sich ein Aufbau von mindestens 20 mm Lehm.
  3. Zu trockene Luft wird im Winter „angereichert“, zu feuchte Luft im Sommer „getrocknet“.
  4. Im Sommer wie im Winter – Lüften nicht vergessen! Trotz dieser wunderbaren Eigenschaft des Lehms muss der Raum gelüftet werden. Am besten direkt aus dem Fenster und nie durch die Tür in die Wohnung hinein lüften. Feuchtigkeit sollte immer direkt nach Aussen abtransportiert werden.
  5. Sättigung im Lehmputz kann mit normalem Wohnverhalten nicht erreicht werden.
  6. Lehm hat keine Eile, die Wassermoleküle werden dann wieder abgegeben, wenn die Luft Platz dafür hat.
  7. Schaff dir einen Hygrometer an!
Good Morning Window – Foto Designed by Freepik

Stell dir vor du kommst aus der Dusche und der Spiegel ist nicht beschlagen. Nicht.

Lehm hat diese fantastische Eigenschaft!

Die Wassermoleküle in der Luft werden im Lehmputz oder der Lehmwand eingelagert und anschließend sehr reguliert wieder abgegeben. Das verhindert übermäßig feuchte oder übermäßig trockene Luft, was die wohl bekannte Behaglichkeit im Raum durch Lehm ausmacht.

Die optimale Luftfeuchtigkeit für Menschen liegt bei etwa 40-60 %, dann fühlen wir uns wohl und gesund. In Badezimmern und Küchen liegt die relative Luftfeuchte aber meist etwas höher als im Wohn- und Schlafbereich. Auch in Kellerräumen ist öfter mehr Feuchtigkeit enthalten, als gewünscht.

Um Schimmelbildung und damit einhergehende Krankheitsherde zu vermeiden sollte die relative Luftfeuchte sich bei 50% einpendeln. Lehmputz schafft es diesen Feuchtigkeitsgehalt konstant zu halten. Durch seine Offenporigkeit haben Wassermoleküle Platz sich dort einzunisten und zu verweilen, bis die Luft wieder Kapazität hat die bislang überschüssigen Wassermoleküle aufzunehmen. Das geht mitunter sehr schnell, so dass der beim Duschen entstehende Dunst direkt schon eingezogen wird.

Ist dauerhaft hohe Feuchtigkeit in Räumen vorhanden kann es zu Schimmelpilzbildung in den Wänden führen. Daher ist das regelmäßige und bewusste Lüften zu jeder Jahreszeit wichtig, um die überschüssige Feuchtigkeit aus dem Raum zu bringen. In jedem Raum, mit jeder Wandoberfläche! Wände, die mit einer geschlossenen Oberfläche ausgestattet sind wie Gips, Fliesen oder Acrylfarbe haben keine Poren und nehmen daher auch kein Wasser auf. Dort perlt mitunter das Wasser dann von der Wand, wenn zu viel Dampf im Raum ist.

Entgegen der Erwartung ist in unseren Breitengraden die Luft im Sommer sehr viel feuchter als im Winter. Auch an regnerischen Novembertagen beträgt die relative Luftfeuchte weniger Prozent als an einem schwülen Sommertag im Juli. Ein dauerhaft gekipptes Fenster kann daher einen gegenteiligen Effekt haben, darum ist es besser 3 Mal täglich 5 Minuten stoßzulüften.

Eine Sättigung kann im Lehmputz mit normalem Wohnverhalten nicht erreicht werden, es wird also bei übermäßiger Duscherei nicht von den Wänden regnen. Trotzdem ist es wichtig ordentlich und regelmäßig zu lüften, damit der Lehmputz seine Arbeit machen kann.

Aber wie macht der Lehm das?

Eine Lehmoberfläche ist mikroskopisch gesehen keine glatte Oberfläche. Dadurch, dass im Lehm keine chemischen Bindemittel vorhanden sind (und auch nie sein sollten!) entstehen zwischen den einzelnen Bestandteilen, den Schluff- und Sandkörnern, Lufträume. Die Stabilität erhält der Lehm, wie wir aus dem letzten Artikel wissen, über die „Verklebung“ der Tonmineralien, die die Sandkörner einbinden.

Durch die Lufträume vergrößert sich die Oberfläche des Lehms stark. Sie ist in etwa 20.000 Mal so groß wie die Oberfläche eines Gipsputzes, der eine sehr komprimierte und dichte Oberfläche hat.

Die Hohlräume im Lehm stehen den Wassermolekülen zur Verfügung, um sich dort einzulagern. Wenn die Feuchtigkeit in der Luft also steigt, zum Beispiel während des Duschens, können diese Wassermoleküle sich rasant in den Hohlräumen des Lehms einnisten und verschwinden somit aus der Luft. Die kühle Oberfläche des Spiegels oder des Fensters hat also keinen Grund mehr zu beschlagen.

Luftfeuchtigkeit kann man problemlos messen. Geräte, die den relativen Feuchtegehalt in % anzeigen können, nennt man HYGROMETER.

Aber wie wäre es mit einem kleinen Selbstversuch? Ein Hygrometer kann man im Baumarkt deines Vertrauens oder im Internet für sehr wenig Geld kaufen, manchmal gibt es sie auch im Thermometer gleich integriert. Wirklich schöne Modelle bekommt man dagegen so ab 20 €.

Stelle diesen einfach in deiner Wohnung auf und beobachte den Wert eine Zeit lang. Ein Unterschied von Bad zu Wohnzimmer sollte schnell ablesbar sein, aber wie lange dauert es wohl nach dem Duschen den Wasserdampf wieder aus dem Raum zu bringen? Und wie schnell geht das, wenn das Bad kein Fenster hat?

Lehm hat dahingehend übrigens keine Eile, er speichert die Wassermoleküle so lange, bis sie nach und nach wieder abgegeben werden können. Bei einem Bad ohne Fenster also auch erst dann, wenn die Lüftungsanlage die verbrauchte Luft abgetragen hat.

Herzlichst, Sandra

Fakt oder Fiktion? Vorteile von Lehm

“Was, du hast einen Blog zum Thema Lehmbau? Ah, cool.” …

Einen kurzen Moment dauert es meistens, bis das Gespräch dann wieder seinen Lauf nimmt.
“Aber erklär nochmal kurz, meinst du komplett aus Lehm bauen, also echt, Lehm?!?”

So oder so ähnlich sind meist die Reaktionen zum Thema Bauen mit Lehm. Kann ich gut verstehen, mir ging es seinerzeit ja genau so. Es stellen sich viele Fragen und nur mit viel Ambitionismus kann man sich die wichtigsten Informationen aus unterschiedlichen Websites heraussuchen. Und dann muss man sie nur noch zusammen setzen. Oder ein Buch kaufen, aber welches?

Ich möchte es euch vereinfachen und die häufig gestellten Fragen zum Thema Lehmbau beantworten. Was genau bedeutet es mit Lehm zu bauen? Wie genau geht das überhaupt? Wer macht das? Was für Vorteile habe ich davon und kann ich das überhaupt bezahlen?
…um hier nur einige davon zu nennen.

Wer hat nicht schon mal von den vermeintlichen Vorteilen des Lehms gehört:

Feuchteregulierung, Wärmespeicherung oder auch Umweltfreundlichkeit. Aber wusstet ihr, dass ein Lehmputz von 5mm ausreicht, um Schadstoffe aus der Luft aufzunehmen und sie einzulagern? Dass der Fisch, den ihr abends kocht am nächsten Morgen nicht mehr riecht, da der Lehm die Geruchsstoffe absorbiert? Dass einem Asthmatiker nichts besseres passieren kann, als in einem Raum aus Lehm zu leben?

Hier eine Liste an Fakten, die das Einbauen von Lehm in einem Gebäude mit sich bringen kann:

  • Feuchteregulierend
  • Wärmespeichernd
  • Gute Akustikeigenschaften
  • Reduziert hochfrequente Strahlung
  • Absorbiert schlechte Gerüche
  • Bindet Schadstoffe
  • Konserviert Holz
  • Lehm bietet sogar Brandschutz (beispielsweise für eine Holzkonstruktion)
  • Verarbeitung ist partizipativ, leicht zu erlernen und kann selbst gemacht werden
  • Umweltfreundlich
  • Wiederverwendbar -> Cradle to Cradle
  • Unendliche Resscourcen
  • Ohne jegliche Zusätze verarbeitbar
  • 100% recyclebar und problemlos zu entsorgen

Aber gehen wir doch zu allererst mal darauf ein: Was genau ist Lehm überhaupt?

Lehm ist ein Gemisch aus Ton, Schluff und Sand. Je nachdem welche Lehmbautechnik man anwendet kommt noch Kies hinzu. Die Tonmineralien sind in diesem Gemisch die kleinsten Teilchen. Wenn man sich Tonmineralien durchs Mikroskop anschaut, dann sind es kleine, sehr platte, meist kantige Teilchen, die durch Wasser aneinander haften. Dieser Anziehung oder Bindung verdankt der Ton seine Klebrigkeit. Umso mehr Ton in einem Lehm also vorhanden ist, desto klebriger ist er.
Durch einen hohen Tonanteil kann der Lehm im Trocknungsvorgang aber reissen, dann bezeichnet man ihn als zu “fett”. Möchte man die Risse verhindern gibt man dem Gemisch mehr Sand hinzu, magert ihn also ab. Magerer Lehm ist rissresistenter, aber hier ist wieder darauf zu achten, dass die Bindekraft bestehen bleibt und die trockene Lehmoberfläche nicht sandet. Ihr seht schon, eine Wissenschaft für sich! Mit etwas Übung und dem richtigen Gefühl dafür hat man aber sehr schnell raus, welcher Lehm sich wofür eignet.

Lehmboden auf Sizilien

Lehm kommt in so ziemlich allen Regionen unsrer Welt vor, ausser in den Bergen, wo man nur auf Gestein trifft. Das Lehmvorkommen unterscheidet sich je nach Region natürlich in Zusammensetzung, Art des Tonminerals und damit auch in der Farbe. Das Spektrum reicht hier von weissem Lehm über braunen, gelben und ockerfarbigen, bis zu grünem und schwarzem Lehm. Rot ist natürlich auch ein bekannter Klassiker.

Firmen, die sich auf Lehmoberflächen spezialisieren und fertige Mischungen anbieten, haben sogar die verrücktesten natürlichen Farbpigmente entwickelt, die Lehmwände sogar blau werden lassen, wenn man das möchte. Hier ein Putzmuster, das ich vor kurzem dazu erstellt habe:

Die fertige und getrocknete blaue Lehmputzoberfläche auf der Mustertafel. Wir haben für einen Glimmereffekt noch ein paar Muschelpartikel eingestreut.

Der Kreativität sind mit Lehm also keinerlei Grenzen gesetzt. Mit Einstreuungen von Muschelkalk oder pflanzlichen Fasern kann man der Oberfläche zusätzlich eine ganz eigene Ausstrahlung verleihen. In der Ornamentik der Oberfläche kann man auch eine sehr warme und weiche, ja fast wilde Optik erzielen.

Lehmputz kann aber auch ohne Probleme sehr dezent in weiss und glatt hergestellt werden, und so alle Anforderungen erfüllen, die im Neubausektor bis Qualitätsstufe Q3 bestehen.

Das war es also schon. Lehm ist aus der Natur geschöpfte “Erde”, die in der richtigen Zusammensetzung und mit Zugabe von Wasser zu einem Baumaterial werden kann. Wenn dem Gemisch keine künstlichen Zusätze wie Zement oder Gips verabreicht werden, was es in der Regel auch gar nicht braucht, dann kann der Lehm unendlich oft wieder verwendet werden. Einfach abkratzen, Wasser drauf und neu verputzen. Klingt toll oder? 🙂 Ich habs selbst schon probiert!

In den nächsten Folgen steigen wir dann Thema für Thema tiefer in die Eigenschaften des Lehms ein. Als nächstes schauen wir uns an, was es mit der Feuchteregulierung auf sich hat. Ich freue mich, wenn ihr wieder reinschaut!

Mich interessiert jetzt aber brennend, wer von euch sich nach diesen Informationen nun für eine Lehmoberfläche entscheiden würde, wenn ihr die Wahl hättet?

Herzlichst, Sandra

So war das. Ein kleiner Jahresrückblick 2018.

Hallo und Servus an alle Abonnent*innen, an alle Besucherleser*innen und auch an alle, die ganz unabsichtlich auf diesen Text gestoßen sind. Willkommen bei meinem Blog!

Ich möchte mich fürs Erste mit euch auf einen kleinen Jahresrückblick 2018 begeben:

So viel Lehm, wie in diesem Jahr ist mir im Leben noch nicht unter gekommen! In der ersten Jahreshälfte sollte in mir die Idee reifen einen Blog zu starten, etwas über Lehmbau zu schreiben, denn mit dem ökologischen Bewusstsein, das die Menschen gerade vermehrt entwickeln, ist es nur eine Frage der Zeit bis diese Sichtweise sich auch in der Baubranche widerspiegelt…

…so dachte ich mir das zumindest eines Tages.

Da ich als Architektin tagtäglich mit diesem Thema zu tun habe, ist der Wunsch in mir gereift diesen Gedanken voran zu treiben und andere Menschen vom Bauen mit Lehm zu begeistern oder am besten gleich damit anzustecken.

Also habe ich mit dem endscheidenden Anstupser, viel geduldiger Hilfe und Unterstützung endlich alle technischen Herausforderungen gelöst und kann mich seit Mitte des Jahres stolz Bloggerin nennen! lehmbau.blog war geboren und sollte schon gleich mit den ersten Beiträgen im August online gehen. An dieser Stelle ein herzliches DANKE an alle Freunde und auch Unbekannte, die die ersten Lesestatistiken so erfolgreich gemacht haben.

Zwischenzeitlich hatte sich mir auch die Chance geboten an der Koordination einer Ausstellung zum Thema „Bauen mit ökologischen Baumaterialien und Lehm“ in Konstanz mitzuarbeiten und mit diesem Thema gleichzeitig eine Summerschool für und mit den Studierenden der HTWG Konstanz vom Fachbereich Architektur ins Leben zu rufen.

Den aufmerksamen Instagrammer*innen unter euch sind sicherlich schon die Beiträge dazu aufgefallen.

Eine kurze Info dazu: Initiator und Konzeptentwickler der Wanderausstellung „Think Earth“ ist Thomas Dimov, ein Architekt aus Zürich, den ich Anfang des Jahres kennen gelernt habe. Die Ausstellung wurde im Anschluss einer extra dafür konzipierten zweiwöchigen Summerschool mit über 20 Studierenden und Interessierten über 5 Wochen im Kulturzentrum der Stadt Konstanz ausgestellt.

Ich bin heute noch ganz beseelt von diesen zahlreichen Besuchern, den reizenden und sehr befruchtenden Unterhaltungen, den interessierten Fragen und  dem unermüdlichen Engagement unserer Mitstreiter.

Prof. Thomas Stark hat mit seinem Team ebenfalls ganze Arbeit geleistet und das Thema Lehmbau mit in sein Herz und hoffentlich auch seinen Lehrplan genommen.

Danke Thomas, Danke Christopher und Lena und alle, die ihr mitgemacht habt!

Doch vorher war auch ich in einem Lehmbau-Kurs, der mich für diese Aufgaben gewappnet hat. Ihr erinnert euch vielleicht an meinen Beitrag vom Kurs in Verden bei der BiWeNa, der Bildungswerkstatt für Nachhaltigkeit, geleitet von Dittmar Hecken.

Hier ging keiner ohne ein tiefe Zufriedenheit in der Seele abends ins Bett, mit der Hoffnung die Welt dadurch vielleicht auch nur ein bisschen verbessert zu haben.

Nach diesen riesigen Erfahrungen habe ich mich ganz müde, aber vollen neuer Ideen in die Weihnachtspause verkrochen, um euch jetzt wieder mit neuen Infos, Fakten und Inspirationen zu versorgen.

Denn Lehm macht nicht nur glücklich, er macht auch süchtig. Ihr werdet es bald selbst erfahren. Herzlichst, Sandra

Erste Worte

Hallo liebe Leser, Interessierte, Hallo liebe Lehmbauer!

Meinen ersten Blogartikel möchte ich gern dazu nutzen, um euch auf meiner Homepage www.lehmbau.blog willkommen zu heißen und euch ein wenig darüber zu erzählen. Ich kam zum Bloggen wie die Jungfrau zum Kinde. Ein guter Rat brachte mich schlussendlich auf diesen Weg.

Blogging und meine Leidenschaft LEHMBAU miteinander zu verbinden klang vorerst etwas verrückt in meinen Ohren, aber umso länger ich mich damit beschäftigte, desto dringender musste es sein. Und nun sitze ich hier und schreibe meinen ersten Beitrag.

Ihr seid Studenten, Planer oder einfach Interessierte am Lehm? Vielleicht sogar potentielle Bauherren und möchtet euch mal etwas umschauen, was es in Sachen Baumaterialien so alles gibt? Prima! Denn das ist mein grosses Ziel: natürlich Baustoffe attraktiv machen und ihr staubiges Image aufpolieren.

Auf meinem Blog werdet ihr zukünftig Artikel, Links und kleine helfende Ratgeber zu den Themen Lehmbau und ökologische Baumaterialien lesen können. Ich gebe euch Tipps für interessante Veranstaltungen und Workshops in eurer Nähe, Kontakte zu Herstellern und Produkten, zeige euch die Architektur der Pioniere und grossen Meister und wir besprechen, warum ein Leben in einem Gebäude aus Naturmaterialien so viel besser und gesünder ist.

Natürlich baut sich solch ein Blog nicht über Nacht auf, daher werde ich damit starten von meinen Erlebnissen während meines Lehmbau-Kurses in der Bildungswerkstatt für nachhaltige Entwicklung e.V. (BiWeNa) in Verden in der kommenden Woche zu berichten.

Das Bauen mit Lehm ist in Zeiten der Nachhaltigkeit, Regionalität und dem gegenwärtigen Umweltbewusstsein nicht weg zu denken und ist in keiner Hinsicht die schlechtere Wahl zu den uns bekannten Bauweisen Stein oder Beton. Lehm ist hervorragend mit Holzbau kombinierbar und kann, je nach Untergrund, direkt aus der Baugrube gewonnen und verarbeitet werden. Aus der Erde, für die Erde bauen.

Es gibt neben dem Lehm natürlich viele weitere Materialien, die eine gute Ökobilanz haben und sich hervorragend für (fast) jedes Projekt eignen. Auch dazu werde ich ein paar Beiträge verfassen und mit euch in diese Welt eintauchen.

Bis dahin wird es noch ein langer Weg, wenn ihr also durch die Homepage stöbert und ein Thema, das euch brennend interessiert, nicht finden könnt, so zögert nicht mir zu schreiben oder einen Kommentar zu hinterlassen. Jeder Input hilft mir weiter die richtigen Themen zu beleuchten und schlussendlich euch bei eurer Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Ich kann es kaum erwarten auf den „Veröffentlichen“-Button zu klicken und freue mich auf eine inspirative und gute Zeit mit euch, auf den Blog und auf viele spannende Begegnungen!

Herzlichst, Sandra

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